Papiergeld – Segen oder Fluch?

verfasst von Florian Sollfrank (Stand: 11/09)

Wenn man die Vergangenheit Revue passieren lässt, dann scheint es, als ob sich die weltweiten Finanzmärkte von einer Krise zur nächsten hangeln würden: Asien- und Russland-Krise in den Neunzigern, das Platzen der „New-Economy-Bubble“ zum Jahrtausendwechsel und nun die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise, in Gang gesetzt durch Zahlungsausfälle amerikanischer Hypothekendarlehen von geringer Qualität.

 

Wenn man der schier unüberschaubaren Anzahl der Kommentatoren zur Krise Glauben schenken mag, liegt demnach deren eigentliche Ursache in der Spekulationsgier der Banken und Hedgefonds. Daher folgern die Kritiker, dass Geldgeschäfte – und damit auch Finanztransaktionen sowie der gesamte Wertpapierhandel – grundsätzlich viel stärker kontrolliert und überwacht werden müssten, um künftige Krisen verhindern zu können. (Es sei an dieser Stelle der Hinweis erlaubt, dass all diejenigen, welche sich hierzu aktuell am lautesten äußern, die Krise durchweg nicht vorhergesehen haben. Man darf sich daher nüchtern fragen, wie gerade solche Leute, die ahnungslos in die Krise hineingeschlittert sind, nun wissen wollen, wie man gestärkt aus ihr herauskommt und künftige Krisen verhindern kann…).

 

Wenn man sich nicht voreilig der gerade vorherrschenden Mainstream-Meinung anschließen möchte, scheint die aktuelle Finanzkrise ihre Wurzeln jedoch nicht im kapitalistischen Währungssystem, sondern vielmehr in einem planwirtschaftlichen Papiergeldsystem zu haben. Wir leben schließlich in einer Welt, in welcher alle Währungen ungedeckt sind, d. h. lediglich Zahlungsversprechen darstellen, jedoch keinen Wert an sich mehr aufweisen! Dieses reinrassige Papiergeld, geschaffen und kontrolliert von den verschiedenen nationalen Notenbanken, stellt eigentlich noch ein sehr junges Konstrukt der letzten Jahrzehnte dar. Vormalig bestimmte nämlich der freie Markt über Jahrhunderte hinweg Gold (und teilweise auch Silber) als anerkannte Zahlungs- und Tauschmittel. Diese erwiesen sich über die gesamte Zeit nicht nur als sehr praktisch, sondern gleichzeitig als extrem wertbeständig und hatten das Aufblühen des globalen Handels begünstigt.

 

Der Anfang vom Ende der goldgedeckten Währungen wurde erst zu Beginn des Ersten Weltkriegs im Jahre 1914 eingeläutet. Der einfache Grund: Gedeckte Währungssysteme stehen den Herrschenden bei ihren teuren Kriegsplänen stets im Wege. Irgendwann wäre zur Kriegsführung schließlich schlichtweg kein Geld bzw. Gold mehr vorhanden. Dafür bedurfte es immer Papiergeld, das beliebig vermehrt werden kann. Nach Ende des Ersten Weltkriegs konnte eine Rückbesinnung auf ein vollständig goldgedecktes Währungssystem – trotz dessen über Jahrhunderte bewiesenen „Erfolgsstory“ – politisch nicht mehr durchgesetzt werden. So waren danach der Gold-Devisen-Standard als auch (nach dem Zweiten Weltkrieg) das System von Bretton Woods nur Versuche, ein noch ansatzweise durch Gold gedecktes, internationales Währungssystem zu schaffen. Richard Nixon läutete schließlich am 15. August 1971 mit der Beendigung der Eintauschpflicht des Dollars in Gold das Zeitalter der durch nichts mehr gedeckten, reinrassigen Papiergeldwährungen ein. Das Resultat zeigte sich dann bereits in den Siebzigern, welche weltweit durch eine hohe Inflation gekennzeichnet waren.

 

Das Papiergeldsystem an sich weist einen entscheidenden Konstruktionsfehler auf: Keine Notenbank der Welt kann nämlich wissen, welcher Zins der richtige ist! Dieser „natürliche Zins“ kann letztlich nur durch die Kräfte des freien Marktes, durch Angebot und Nachfrage, bestimmt werden. Die planwirtschaftlich betriebene Geldpolitik neigt jedoch bis auf kurze Ausnahmephasen dazu, den Zins stets zu niedrig, d. h. unterhalb des natürlichen Marktzinses, anzusetzen. Der Grund hierfür dürfte vor allem darin bestehen, dass durch die damit verbundene Geld- und Kreditmengenausweitung nach der vorherrschenden Meinung Investitionen, Wirtschaftswachstum und Beschäftigung gefördert würden – und daran werden alle gemessen, die z. B. in der Politik etwas werden oder bleiben wollen!

 

Nun kann man zwar feststellen, dass auf kurz- und mittelfristige Sicht tatsächlich Wachstumsimpulse von der Geld- und Fiskalpolitik gesetzt werden können (Segen des Papiergeldes?). Die mittel- bis langfristigen Begleiterscheinungen dieser unablässigen Ausweitung der Geld- und Kreditmenge führt jedoch in der Folge immer zu Inflationsschüben und konjunkturellen „Boom-and-Bust-Zyklen“ (Fluch des Papiergeldes!). Durch den künstlich in Gang gesetzten Aufschwung kommt es nämlich zu Überinvestitionen, -kapazitäten und Fehlplanungen, die eigentlich durch den anschließenden Abschwung in Form einer Rezession abgebaut würden. Eine Rezession stellt nichts anderes als eine Gesundungsbewegung des Marktes dar, der sich vom künstlichen Aufschwung regenerieren möchte. Aufgrund der bereits erwähnten Handlungsweise beispielsweise seitens der Politik, welche sich einen stetigen Boom herbeiwünscht, wird jedoch einer beginnenden Rezession mittels Verschuldung und Geldmengenausweitungen stets entgegengesteuert (z. B. in Form von teuren Konjunkturprogrammen), da man diese nicht zulassen möchte. Daher konnte es im Prinzip bisher auch nie zu einer Gesundung der Wirtschaft kommen, weshalb jede Krise auch immer stärker und bedrohlicher als die vorangegangene ausfallen muss.

 

Die Verschuldung aller Industriestaaten steigt in Folge dieser Verfahrensweise mittlerweile drastisch an. Da sich das Geld- und Schuldenkarussell vor allem seit den letzten Jahren immer schneller dreht und die Märkte angesichts der derzeitigen Krise mit noch mehr mit Papier- und Kreditgeld geflutet werden, muss man kein Hellseher sein, um für die nächsten Jahre eine außerordentlich ansteigende weltweite Inflation, Staatsbankrotte in verschiedenen Ländern und die nächste internationale Megakrise vorherzusehen. Diese dürfte dann wieder alles bisher da gewesene in den Schatten stellen.

 

Das Festhalten der meisten Ökonomen und Politiker am Papiergeldsystem hat eigentlich schon etwas Paradoxes an sich. Es ist schließlich eine historische Tatsache, dass jede Papierwährung zu irgendeinem Zeitpunkt vollständig ihren Wert verloren hat. So hat beispielsweise der Dollar seit Aufweichung der Golddeckung bereits mehr als 95 Prozent seiner Kaufkraft eingebüßt. Auch die Deutsche Mark, welche weltweit als eine der stärksten Währungen galt, verlor in der Zeit ihres Bestehens laut Statistischem Bundesamt rund 75 Prozent an Wert. Laut dem renommierten Schweizer Professor Peter Bernholz haben fast alle überlieferten Hyperinflationen im 20. Jahrhundert – dem Jahrhundert des Papiergeldes – stattgefunden. Er nennt in seinem Buch „Monetary Regimes and Inflation“ ganze 29 Beispiele von Hyperinflationen!

 

Es stellt sich nun die Frage, wie dieser Teufelskreis durchbrochen werden könnte. Eine Antwort hierauf können wir bei der österreichischen Schule der Nationalökonomie finden, die in letzter Zeit immer populärer wird. So besteht ein interessanter Vorschlag darin, die nationale Geldmenge mit einem festen Umtauschverhältnis an das Gold zu binden, welches von den Notenbanken derzeit noch gehalten wird, und den Haltern des staatlichen Papiergeldes fortan das Recht einzuräumen, ihre Guthaben jederzeit in Gold umtauschen zu können. Mit der Zeit könnte dann das Geldsystem privatisiert werden, wobei die Banken wie bisher Einlagen verwalten und Kredite vergeben könnten. Der Unterschied bestünde jedoch darin, dass sich die Geldmenge nicht mehr wesentlich verändern würde, da der Markt höchstwahrscheinlich ein durch Gold und / oder Silber gedecktes Geld – wie in der Geschichte immer der Fall – wählen würde. Die vorherrschende Geldmenge und der Zins würden dann wie einst durch Angebot und Nachfrage und nicht mehr planwirtschaftlich bestimmt werden.

 

Konjunkturverläufe würden deutlich weniger schwankungsanfällig verlaufen, da gedeckte Währungssysteme Fehlinvestitionen und Spekulationsblasen gar nicht erst entstehen lassen. Damit wäre auch das Damoklesschwert der Hyperinflation vom Tisch und insgesamt die Grundlage für Finanz- und Wirtschaftskrisen nicht mehr gegeben. Angesichts der derzeit immer noch vorherrschenden Lehrmeinung der Mainstream-Ökonomen als auch durch die Handlungsweise der Politik kann allerdings derzeit leider nicht davon ausgegangen werden, dass dieser Weg – zumindest auf absehbare Zeit – eingeschlagen wird. Daher bleibt nur die logische Schlussfolgerung, dass sich jeder Einzelne sicherheitshalber seinen privaten Gold- und Silberstandard selbst zulegen sollte.

 

„Weiches Geld führt zu harten Landungen und leichtes Geld führt zu schweren Krisen.“ (Roland Baader)