Brexit führt zu Marktturbulenzen – Edelmetalle sind die Gewinner

verfasst von Florian Sollfrank (Stand: 07/16)

Das erste Börsenhalbjahr 2016 war sehr ereignisreich und turbulent. Edelmetallinvestoren können jedoch ein äußerst positives Fazit ziehen. Gold und Silber erwiesen sich nämlich als überaus erfolgreiche Anlagen! Im Einzelnen wurde folgende Renditen verzeichnet: Der Goldpreis konnte in Euro betrachtet um 21,6 % zulegen und Silber sogar um 33,9 %. Der Abstand zu den anderen, gängigen Anlageformen ist bemerkenswert. So stiegen Deutsche Bundesanleihen mit zehnjähriger Laufzeit „nur“ um 3,1 %, der DAX 30 büßte dagegen 9,9 % ein, der EuroStoxx 50 verlor sogar 12,3 %.

 

Abbildung 1: Entwicklung des Goldpreises in US-Dollar in den letzten sechs Monaten, Quelle: www.stockcharts.com
Abbildung 1: Entwicklung des Goldpreises in US-Dollar in den letzten sechs Monaten, Quelle: www.stockcharts.com

 

Was war passiert? Die Edelmetalle zeigten sich zwar bereits seit Jahresanfang sehr stark. Auslöser für die zuletzt sehr dynamischen Rally war dann schließlich vor allem das Brexit-Referendum. Nachdem sich eine knappe Mehrheit der Briten am 23. Juni überraschend für den Austritt des Vereinigten Königreiches aus der EU ausgesprochen hatte, stieg der Goldpreis am Tag der Ergebnisveröffentlichung zwischenzeitlich um 8 % bzw. um mehr als 100,00 US-Dollar pro Unze.

 

Dabei handelte es sich um den stärksten prozentualen Tagesgewinn seit der Finanzkrise im Herbst 2008! Gold in Euro gerechnet verteuerte sich noch wesentlich mehr und legte in der Spitze um 13 % bzw. gut 140,00 Euro zu. Das gelbe Metall wurde somit seiner Funktion als sicherer Hafen eindrucksvoll gerecht. Viele Investoren waren infolge der Entscheidung der Briten verunsichert, welche Auswirkungen diese auf die Wirtschaft – aber auch auf das Gebilde EU insgesamt – künftig haben wird.

 

Ein anderer Grund sollte jedoch auch darin liegen, dass die US-Notenbank Fed mittlerweile viel Vertrauen unter Anlegern verspielt haben dürfte, da diese mit der nächsten Zinserhöhung weiter auf sich warten lässt. Nachdem deren Vertreter schon seit Jahren immer wieder von einer Wende in der Geldpolitik schwadroniert und diese immer wieder angekündigt hatten, blieb es bis dato bei genau einer Zinsanhebung. Diese fand im Dezember 2015 statt und betrug „satte“ 0,25 %. Während wir allein schon aufgrund der gigantischen, weltweiten Schuldenberge nie an eine wirkliche Zinswende und damit an ein Ende der expansiven Geldpolitik geglaubt hatten, gelangen nun anscheinend immer mehr Anleger ebenfalls zu dieser Erkenntnis.

 

Durch die starke Aufwärtsbewegung waren die technischen Indikatoren bei Gold zwischenzeitlich sehr stark überkauft (siehe Abbildung 1). Auch die so genannten COT-Daten, welche bekanntlich die Lage am Terminmarkt widerspiegeln, zeigen seit Wochen Extrempositionen an. Die „Commercials“, also die kommerziellen Händler, halten nämlich aktuell weit mehr als 300.000 leerverkaufte Kontrakte auf den Gold-Future. In der längerfristigen Betrachtung kam es bei einer solchen Konstellation oftmals zu Kurskorrekturen.

 

Warum diese bisher nicht einsetzte, dürfte darin liegen, dass der starke Preisanstieg vorwiegend durch tatsächliche Käufe in Form einer massiven physischen Nachfrage durch die Gold-ETFs untermauert war. Diese verzeichnen unter dem Strich auch weiterhin Zuflüsse. Allerdings war der Kursaufschwung eben zum Teil auch spekulativ getrieben. Ein gewisses Korrekturpotenzial bleibt, welches sich in den nächsten Wochen manifestieren könnte. Wir erachten dieses jedoch für begrenzt (wahrscheinlicher Bereich: 1.260,00 bis 1.300,00 USD), denn auch wenn sich die Lage allmählich beruhigen sollte, wird das Brexit-Thema die Märkte wohl noch lange beschäftigen.

 

Abbildung 2. Entwicklung des Silberpreises in US-Dollar in den letzten sechs Monaten, Quelle: www.stockcharts.com
Abbildung 2. Entwicklung des Silberpreises in US-Dollar in den letzten sechs Monaten, Quelle: www.stockcharts.com

 

Es ist nämlich durchaus wahrscheinlich, dass das Ergebnis der Volksabstimmung in Großbritannien auch Auswirkung auf die kommenden Wahlen in anderen EU-Ländern haben dürfte. So steht z. B. in Italien im Herbst ein Verfassungsreferendum an, welches zu Neuwahlen und zu einer EU-kritischen Regierung führen könnte. Auch muss bekanntlich im Oktober die Stichwahl zum Bundespräsidenten in Österreich wiederholt werden. Auch hier dürfte ein EU-Austritt im Wahlkampf thematisiert werden. Die bestehenden, politischen Unsicherheiten sollten Gold in den nächsten Monaten gut unterstützen.

 

Alle vorstehenden Ausführungen gelten in entsprechender Form auch für den Silberpreis (siehe Abbildung 2). Nach der enormen Rally von ca. 17,20 auf über 20,00 USD in extrem kurzer Zeit hätte sich Silber nun eine Verschnaufpause redlich verdient.

 

Fazit: Gold und Silber haben mit ihrer Kursentwicklung in den letzten Wochen beeindruckt. Eine Korrektur in den nächsten Wochen dürfte daher niemanden überraschen. Unabhängig von aktuellen Kursentwicklungen sollten die beiden Edelmetalle angesichts der zunehmenden wirtschaftlichen und politischen Unsicherheiten und Krisenherde in jedem gut diversifizierten Depot eine wesentliche Rolle spielen. Schließlich handelt es sich dabei um die ältesten Währungen der Welt!

 

„Keine Wette war in den Jahrhunderten der Währungsgeschichte sicherer zu gewinnen als die, dass ein Goldstück, das der Inflationspolitik der Regierungen unzugänglich ist, seine Kaufkraft besser bewahren würde als eine Banknote.“ (Wilhelm Röpke)

 

 

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