Aktuelle Einschätzung zu den Edelmetallen

verfasst von Florian Sollfrank (Stand: 07/17)

Während die ersten Monate des Jahres 2017 noch ganz im Sinne der Edelmetallfreunde verliefen, wurde die Rally beim Gold, welche Ende Dezember 2016 bei ca. 1.125,00 US-Dollar pro Unze begonnen hatte, ab Mitte April beendet. Seitdem pendelt der Kurs zwischen ca. 1.300,00 USD auf der Oberseite und ca. 1.200,00 USD auf der Unterseite seitwärts hin und her. Nach dem letzten Tief Anfang Juli konnte sich der Preis zwar schon wieder um knapp 50,00 USD erholen und notiert aktuell bei ca. 1.259,00 USD, eine wirkliche Richtungsentscheidung steht jedoch noch aus. Erst bei einem nachhaltigen Ausbruch über den Bereich 1.275,00 bis 1.300,00 USD – dort liegt eine technische Widerstandszone – sollte der Aufwärtstrend wieder an Fahrt aufnehmen können. Aufgrund des in den letzten Monaten aufgewerteten Euro fiel der Goldpreis in der Gemeinschaftswährung seit April sogar noch deutlicher. Während dieser damals noch bei ca. 1.225,00 Euro pro Unze lag, steht der Kurs momentan nur noch bei ca. 1.075,00 Euro.

 

Abbildung 1: Entwicklung des Goldpreises in US-Dollar in den letzten sechs Monaten, Quelle: www.stockcharts.com
Abbildung 1: Entwicklung des Goldpreises in US-Dollar in den letzten sechs Monaten, Quelle: www.stockcharts.com

 

Inzwischen hat sich die technische Lage deutlich verbessert, allerdings sind die Signale momentan nicht eindeutig: Während die Indikatoren kurzfristig schon wieder überkauft sind, was aus dem Tageschart (siehe Abbildung 1) anhand der Slow Stochastik gut ersichtlich wird, hätten diese auf Wochenbasis noch deutlich Platz nach oben (siehe Abbildung 2).

 

Abbildung 2: Entwicklung des Goldpreises in US-Dollar seit April 2015, Quelle: www.stockcharts.com
Abbildung 2: Entwicklung des Goldpreises in US-Dollar seit April 2015, Quelle: www.stockcharts.com

 

Die so genannten COT-Daten, welche die Lage am Terminmarkt zeigen, spiegeln die Entwicklung am Goldmarkt der letzten Monate sehr schön wider. Die „Commercials“, also die kommerziellen und sehr gut informierten Händler, bauten im Zuge der Goldpreiskorrektur seit April ihre Shortpositionen kontinuierlich ab. Aktuell halten diese lediglich noch 73.635 leerverkaufte Kontrakte auf den Gold-Future, nachdem es wenige Wochen zuvor noch über 200.000 waren! Dies stellt grundsätzlich eine erfreuliche Entwicklung dar. Jedoch sollte beachtet werden, dass die Positionen Ende 2015, also kurz vor dem Einsetzen einer sehr dynamischen Aufwärtsbewegung im Edelmetallsektor, bei nahe Null lagen. In der Gesamtbetrachtung sollte der Goldpreis somit besser erst den genannten Bereich von 1.275,00 bis 1.300,00 USD nachhaltig überwinden, bevor über Zukäufe nachgedacht wird.

 

Alle vorstehenden Ausführungen gelten in ähnlicher Form auch wieder für den Silberpreis (siehe Abbildung 3), welcher seit April ebenfalls unter die Räder kam. Derzeit notiert dieser bei ca. 16,57 USD pro Unze, womit der Kurs seit dem letzten Zwischenhoch um knapp 2,00 USD tiefer liegt. Der Preis in Euro bewegt sich aktuell auf einem Niveau bei ca. 14,15 Euro und damit ca. 3,00 Euro niedriger als noch im April.

 

In der technischen Betrachtung lässt sich feststellen, dass sich auch hier die Ausgangsbasis für künftige Preissteigerungen deutlich verbessert hat, was durch die COT-Daten für Silber bestätigt wird. So halten die Commercials momentan nur noch 21.914 leerverkaufte Kontrakte auf den Silber-Future, während es einige Wochen zuvor noch über 120.000 Stück waren! Diese Zahlen stimmen bereits sehr zuversichtlich. Allerdings würde die positive Einschätzung erst bei einer nachhaltigen Überwindung des Bereichs von 17,00 bis 17,50 USD bestätigt werden, da in diesem Falle die Abwärtstrendlinie durchbrochen wäre.

 

Abbildung 3: Entwicklung des Silberpreises in US-Dollar in den letzten sechs Monaten, Quelle: www.stockcharts.com
Abbildung 3: Entwicklung des Silberpreises in US-Dollar in den letzten sechs Monaten, Quelle: www.stockcharts.com

 

Insgesamt haben sich die Indikatoren an den Edelmetallmärkten in den letzten Wochen deutlich erholt. Zu 100 % ist die „Kuh jedoch noch nicht vom Eis“. Im dünnen Sommerhandel (Urlaubszeit vieler professioneller Händler) bleiben die Märkte nämlich tendenziell anfällig für Korrekturen.

 

Es darf zudem nicht außer Acht gelassen werden, dass sich einer oder mehrere der verschiedenen Krisenherde (v. a. Bankenkrisen in diversen Ländern, Ukraine-Konflikt, Krieg in Syrien, zunehmende Terrorgefahr, etc.) theoretisch auch auch deflationär entladen kann bzw. können. In einem solchen Szenario besteht die Gefahr, dass viele Assets im Zuge einer vorherrschenden Massenpanik zunächst einfach abverkauft werden, ohne dass auf fundamentale Bewertungen geachtet wird (die bekanntlich für Edelmetalle langfristig positiv sind) – so wie dies im Jahr 2008 schon einmal vorkam! In diesem Fall wäre es denkbar, dass sich neben den Aktienmärkten auch der Edelmetallsektor dem Ganzen nicht entziehen kann. Die Chancen sind aber gut, dass die Ampeln im Herbst wieder vollends auf grün stehen werden.

 

Fazit: Aufgrund diverser Faktoren bleiben in nächster Zeit noch gewisse Korrekturrisiken bestehen, auch wenn sich die technischen Indikatoren im Vergleich zum Frühjahr schon wesentlich verbessern konnten. Unabhängig von aktuellen Kursentwicklungen sollten Gold und Silber angesichts der Verschuldungs- und Inflationsfalle, in der sich fast die ganze Welt befindet, in jedem gut diversifizierten Depot berücksichtigt werden. Schließlich handelt es sich dabei um die ältesten Währungen der Welt! Die langfristigen Perspektiven bleiben sehr positiv, allerdings sollten auch bei Edelmetallen, analog zu allen anderen Anlageklassen, Klumpenrisiken möglichst vermieden werden.

 

„Keine Wette war in den Jahrhunderten der Währungsgeschichte sicherer zu gewinnen als die, dass ein Goldstück, das der Inflationspolitik der Regierungen unzugänglich ist, seine Kaufkraft besser bewahren würde als eine Banknote.“ (Wilhelm Röpke)

 

 

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