Die Geldsystemkrise und ihre Begleiterscheinungen

verfasst von Florian Sollfrank (Stand: 07/10)

Im Zuge der Griechenland- und Eurokrise im Frühjahr 2010 handelten unsere politischen Vertreter auf die (ihrer Ansicht nach) einzig erdenkliche Art und Weise – Sie spannten einen Rettungsschirm für Griechenland auf – und kurz darauf gleich noch einen für die gesamte Eurozone. Das Vorgehen sei „alternativlos“ konnte man in diesem Zusammenhang immer wieder hören. Man könnte fast meinen, die Politik und ihre Institutionen wären an der Entstehung der Krise unschuldig gewesen.

 

Die Wirklichkeit gestaltet sich jedoch anders. Die Fehler seitens der Politik liegen teilweise schon mehrere Jahre zurück. So wurde beispielsweise bereits bei der Aufnahme neuer Mitgliedstaaten in die EU großzügig darüber hinweggesehen, ob diese nun die Maastrichter Konvergenzkriterien erfüllen konnten oder nicht. Die damals schon diskutierte „buchhalterische Kreativität“, welche einige Beitrittskandidaten an den Tag legten, wurde anscheinend nicht als weiter bedeutsam angesehen. Anstelle von wirtschaftlichen Kriterien waren letztlich vor allem politische Aspekte entscheidend, damit die Länder beitreten konnten. Die kritischen Stimmen, die es gab, wurden ignoriert. Dies gilt natürlich auch in einem anderen Zusammenhang: der Euroeinführung. Auch hier entschied das Primat der Politik, das Volk wurde erst gar nicht dazu befragt.

 

Im Wesentlichen führte die damalige Politik zu den Problemen, die wir heute haben, die jetzige Politik dürfte diese noch verschärfen. So wurde beispielsweise im Zuge der Rettungspakete die so genannte „No-Bail-Out-Klausel“ übergangen, welche aus gutem Grund im Lissabon-Vertrag enthalten ist. Diese besagt, dass keine Regierung für die Verbindlichkeiten einer anderen Regierung haften darf. Genau ein solches Haftungsprinzip findet aber jetzt im Fall Griechenland statt. Als wäre dies nicht bereits genug, wurde nun durch das 750-Milliarden-Euro-Rettungspaket (!) der Umbau der EU in eine Transferunion eingeleitet. Man haftet künftig gegenseitig also erst Recht für künftige Pleitekandidaten und die „Stabilität“ des Euro. So passt es auch gut ins Bild, wenn die Europäische Zentralbank letztlich nun doch Schuldtitel minderer Qualität von einzelnen Mitgliedstaaten ankauft, nachdem sie dies bis vor kurzem noch kategorisch ausgeschlossen hatte.

 

Problematisch an solchen Rettungsaktionen ist (neben dem Aspekt, dass diese den Bürgern viel Geld kosten), dass diese immer mit dem Signal verbunden sind, dass jeder, der über seine Verhältnisse lebt, letztlich herausgepaukt werden wird (v. a. Staaten, Banken, Konzerne). Diese Quasi-Garantie, für eigene Verfehlungen nicht aufkommen zu müssen, setzt wiederum Anreize frei, künftig erst recht fragwürdig zu handeln (Moral-Hazard-Problematik).

 

Die Griechenland- und Eurokrise, wie auch die weltweite Finanz- und Bankenkrise seit 2007, sind dabei nur Symptome einer Krankheit, deren Ursache noch immer nicht richtig diskutiert wird. Während im Mainstream vor allem die Spekulanten, Hedge-Fonds und Rating-Agenturen an der Misere Schuld sein sollen, besteht unter Ökonomen, die sich einen gesunden Menschenverstand bewahrt haben (meist Vertreter der österreichischen Schule) Einigkeit darüber, dass das eigentliche Problem die Niedrigzinspolitik der Notenbanken und die Rekordverschuldung der meisten Staatshaushalte ist. Durch diese künstlichen Anreize wurde nämlich ein weltweiter, kreditfinanzierter Boom erst ermöglicht, der über die Jahre immer weiter angeheizt wurde.

 

Wie in der Geschichte bisher jedes Beispiel zeigte, geht jedoch ein kreditfinanzierter, künstlicher Boom irgendwann einmal zu Ende und es kommt der Tag der Abrechnung. Die auf den künstlichen Boom folgende Krise stellt nichts anderes als einen notwendigen Bereinigungsprozess dar, der Fehlentwicklungen beseitigen und Platz für zukunftsweisende Entwicklungen und Neuerungen machen soll. Verschlimmert wird die Situation jedoch laufend dadurch, dass die Politik leider bereits bei jedem Anzeichen einer Krise für gewöhnlich nach der Devise handelt, den beginnenden Bereinigungsprozess (sprich die Selbstheilungskräfte des Marktes) mit allen Mitteln stoppen zu wollen. Die Geldpolitik wird dann eben noch expansiver und die Staatshaushalte werden noch schuldenlastiger ausgerichtet. Es wird somit versucht, die Folgen der Krise mit deren Ursachen zu bekämpfen. (Dies wäre so, als wenn die Feuerwehr Brände mit Feuer löschen würde.)

 

Die politische Klasse und die mit ihr verbundenen Sonderinteressen können oder wollen anscheinend die laufenden Restrukturierungsprozesse der Märkte nicht akzeptieren. Dadurch wird die notwendige Gesundung weiter verzögert, weshalb der dann zu einem künftigen Zeitpunkt stattfindende Bereinigungsprozess noch heftiger ausfallen muss.

 

Zusätzlich wird dadurch das Problem geschaffen, dass tendenziell jeder Markteingriff (auch jeder gut gemeinte) und jede Marktbeschränkung gleichzeitig mit einer Beschneidung der Freiheit der Menschen und mit Wohlstandsverlusten einhergehen. Die einzige bekannte und bewährte Möglichkeit Wohlstand zu erzeugen, kann nämlich nur durch einen freien Markt geschehen. Marktinterventionen ebnen dagegen den Weg in die Planwirtschaft. Dass diese nicht funktioniert, sollte eigentlich mittlerweile jedem bewusst sein. Ein grundlegendes und lesenswertes Buch zum Thema Interventionismus hat übrigens der österreichische Ökonom Ludwig von Mises bereits 1929 veröffentlicht (Buchtitel: Kritik des Interventionismus).

 

Die konsequente Politik gegen den Markt (und somit auch gegen die Menschen) ist mittlerweile in erschreckendem Ausmaß alltäglich geworden. So legt die Politik der Krisenbekämpfung ihre Schwerpunkte auf die Einschränkung der Verfügungsrechte, Verstaatlichungen, Umverteilung in gigantischen Dimensionen, Rettung der Bankrotteure, Belohnung gescheiterter Spekulanten und Unternehmer mit dem Geld heutiger und künftiger Steuerzahler und natürlich mittels der versteckten Steuer, genannt Inflation.

 

Ludwig Erhard erkannte seinerzeit bereits: „Jede Ausgabe des Staates beruht auf einem Verzicht des Volkes.“ Dies sollte man sich gerade heute wieder vor Augen halten. Sparen bedeutet, dass man etwas, was man hat, nicht ausgibt. Somit ist die Marktwirtschaft an sich immer eine Gewinn- und Verlustrechnung. Wirtschaftet beispielsweise ein privates Unternehmen nicht vernünftig, indem es ständig mehr ausgibt, als es einnimmt, wird dieses über kurz oder lang pleite gehen. Dies ist auch gut so! Der Markt reguliert sich auf diese Weise selbst. Jedoch möchte uns die Politik unbedingt beweisen, dass ein gegensätzlicher Weg möglich ist, der lautet: Ausgeben, was man nicht hat. Dies wird anhand des letzten und größten Rettungsschirms der EU (in Höhe von 750 Milliarden Euro) deutlich, der alle bis dato bekannten Dimensionen und Vorstellungen sprengt. Dies ist ein gutes Beispiel für die unverantwortliche Politik von Staaten bzw. Staatengemeinschaften, deren Einnahmen und Ausgaben sich seit Jahren und Jahrzehnten in einem krassen Missverhältnis befinden und welche auf dem Weg in die Schuldenfalle sind bzw. bereits in ihr festsitzen.

 

Wir sollten uns darauf besinnen, welchen Voraussetzungen wir unseren heutigen Wohlstand zu verdanken haben und welche man auch künftig benötigen wird, um Wohlstand zu schaffen und zu erhalten. Diese Voraussetzungen lauten: Wettbewerb, Freiheit und Verschiedenheit. Zentralismus, Beschränkungen und Gleichmacherei führen dagegen direkt in die Armut. Beispiele gibt es hierfür genug. Unser Problem ist also nicht der freie Markt bzw. der Kapitalismus, sondern der zunehmende Sozialismus (siehe z. B. Staatsquote in Deutschland von mehr als 50 Prozent) und Interventionismus sowie die damit verbundene Vetternwirtschaft, die sich beispielsweise in Sonderprivilegien für Finanzinstitute und anderen staatsnahen Interessensverbänden äußert.

 

Was wir jetzt brauchen sind mutige Strukturreformen, eine echte Sanierung der Staatshaushalte, politische Selbstbeschränkung, eine Verantwortung für das eigene Tun und ein nachhaltiges Geldsystem, dem wohl die größte Bedeutung zukommt. Da wir weltweit im Zeitalter des ungedeckten Papiergeldes leben, welches es den Notenbanken ermöglicht, Geld quasi aus dem Nichts zu erschaffen, wird dieses beliebig vermehrt und die Kredit- und Schuldenmenge wächst und wächst. Das Geldmonopol des Staates stellt nichts anderes als ein riesiges Schneeballsystem dar, welches letztlich zu Spekulationsblasen und Krisen führen muss, wenn diese schließlich platzen. Aus diesem Grund sollte man korrekterweise auch von einer Geldsystemkrise und nicht von einer Finanzkrise sprechen.

 

Für eine solide Ausgangsbasis und zur nachhaltigen „Krisenbekämpfung“ brauchen wir allen voran endlich wieder ein gutes Marktgeld, welches eine Deckung aufweist, also nicht beliebig vermehrt werden kann, und das an die Stelle des schlechten Staatsgeldes rückt. Marktwirtschaftliche Ansätze hierzu existieren schon seit langem. Was bisher jedoch leider fehlt, ist eine öffentliche Diskussion. Vielleicht wird diese künftig noch stattfinden, wenn die Krisen – ob nun Finanz-, Banken-, Immobilien-, Währungs-, oder Staatskrisen – und die Folgen der falschen Krisenbekämpfung immer weitere Kreise ziehen und ihre hässlichen Spuren deutlich sichtbar werden.

 

„Dem Kapitalismus wohnt ein Laster inne: die Verteilung der Güter. Dem Sozialismus wohnt eine Tugend inne: die gleichmäßige Verteilung des Elends.“ (Winston Churchill)