Bankenunion und scheinbare Einlagensicherung – Verlustrisiken auch für deutsche Bankkunden!

verfasst von Florian Sollfrank (Stand: 11/16)

In Deutschland glauben die meisten Sparer offensichtlich immer noch, dass ihre Gelder auf Sparbüchern, Tagesgeldkonten & Co. absolut sicher sind. Angesichts der Tatsache, dass ein Großteil der Vermögen nach wie vor in dieser Form investiert wird, scheint diese Vermutung durchaus angebracht zu sein. Der unerschütterliche Glaube an die Unangreifbarkeit der genannten Produkte mag u. a. damit zusammenhängen, dass die Anleger den Einheitlichen Abwicklungsmechanismus (Single Resolution Mechanism, SRM) für Banken noch nicht kennen, welcher mit Beginn dieses Jahres EU-weit, von der breiten Öffentlichkeit unbemerkt, in Kraft getreten ist.

 

Dieser stellt einen zentralen Pfeiler der Europäischen Bankenunion dar. Der SRM ergänzt den Einheitlichen Bankenaufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism, SSM), durch den die Aufsicht über Großbanken in der Euro-Zone seit Herbst 2014 von der Europäischen Zentralbank (EZB) ausgeübt wird. Er setzt auf der EU-Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten (Bank Recovery and Resolution Directive, BRRD) auf.

 

Der Einheitliche Abwicklungsmechanismus schafft, auch über nationale Grenzen hinweg, einen Rahmen für die geordnete Abwicklung von Banken, die in Schieflage geraten sind. Dadurch können sich die nationalen Staaten künftig jeder Haftung in Zusammenhang mit Bankenpleiten entziehen und deren Folgen vollumfänglich auf die Sparer und Aktionäre der betreffenden Institute abwälzen!

 

 

Fest definierte Vorgehensweise zur Abwicklung gescheiterter Banken

 

Entstehen bei Geschäftsbanken Verluste, müssen nun zunächst deren Aktionäre dafür geradestehen. Übersteigen jedoch die Verluste das Eigenkapital der Banken, werden die Besitzer von nachrangigen Bankanleihen zur Kasse gebeten, danach folgen die Eigner von erstrangigen Bankanleihen und schließlich die Halter von Bankeinlagen – soweit sie nicht durch einen Einlagensicherungsfonds geschützt werden. Betroffen wären dann beispielsweise Giroguthaben, Sparbücher, Tagesgelder, Festgelder und Sparverträge (auch VWL). Statt der in der Vergangenheit seitens der Politik gerne praktizierten „Bail-Outs“, also der Rettung von gescheiterten Banken durch den Steuerzahler, werden in der Zukunft „Bail-Ins“ im Trend liegen – zu Lasten von Aktionären, Anleihebesitzern und Sparern.

 

Der SRM ist für alle Euro-Länder zuständig, zudem für EU-Länder, die freiwillig beitreten. Das Kernstück des SRM ist die Errichtung eines Einheitlichen Abwicklungsgremiums (Single Resolution Board, SRB), einer europäischen Agentur mit eigener Rechtspersönlichkeit. Entschließt sich das SRB ein Institut abzuwickeln, können Europäische Kommission und Rat der Europäischen Union das Konzept binnen 24 Stunden ablehnen. Der SRM (bzw. entsprechende national flankierende Gesetze) kann künftig für Privatpersonen und Unternehmen, welche Guthaben von mehr als 100.000 Euro bei Banken vorhalten, früher oder später zu einem bösen Erwachen führen. Denn nun ist es im Falle einer Bankenschieflage rechtmäßig möglich, diese quasi über Nacht zu enteignen. Verhandlungen zwischen Schuldnern und ihren Gläubigern sind ausdrücklich ausgeschlossen!

 

 

Die bisherigen „Praxisbeispiele“ sollten Anlass zur Besorgnis geben

 

Das die vorstehenden Warnungen nicht nur theoretischer Natur sind, sondern höchst praxisrelevant, zeigte sich in der jüngeren Vergangenheit: Der Präzedenzfall für die angesprochenen EU-weiten Regelungen war die Beinahe-Pleite Zyperns im Jahr 2013, im Zuge derer die handelnden Politiker Vermögen ab 100.000 Euro mit erheblichen Zwangsabgaben (z. B. bei der Laiki-Bank bis zu 50 %, bei der Bank of Cyprus bis zu 30 %) belegten. Zudem wurden Ende 2015 vier in Not geratene italienische Volksbanken gerettet, indem man ihre mehr als eine Million Kunden um etwa 750 Millionen Euro erleichterte. Des Weiteren wurden dann plötzlich zum Jahreswechsel in Portugal Schuldpapiere der Novo Banco in Höhe von ca. zwei Milliarden Euro für wertlos erklärt.

 

Investoren sollten sich angesichts dieser „Praxisbeispiele“ immer vor Augen halten, dass jede Sparanlage bei der Bank einen Kredit darstellt. Sie leihen dabei ihrem Institut Geld und bekommen hierfür (niedrige oder gar keine) Zinsen. Im Falle einer Schieflage kann es ihnen nun genauso ergehen wie anderen Gläubigern, etwa den Haltern von Bankanleihen, und Aktionären: Sie müssen unter Umständen auf einen Teil ihres Geldes verzichten. Dieser kann höher ausfallen, als viele denken!

 

Das Jahr 2016 erweist sich ebenfalls als turbulent. Gegenwärtig gibt u. a. wieder einmal der italienische Bankensektor allen Grund zur Besorgnis: Inzwischen summiert sich nämlich dort das Volumen ausfallgefährdeter Kredite auf ca. 360 Milliarden Euro. Experten schätzen, dass davon ca. 200 Milliarden hoffnungslos verloren sind, weil die Kreditnehmer pleite sind. Am schlimmsten betroffen sind neben der ältesten Bank der Welt, Monte dei Paschi di Siena, die Banca Populare di Vicenza und die sparkassenähnliche Carige-Gruppe.

 

 

Deutsche Banken sind auch nicht vor Problemen gefeit

 

Wer glaubt, dass nur ausländische Banken in die Bredouille geraten können, der irrt sich. In den letzten Monaten sorgte insbesondere die Deutsche Bank für allerlei Negativschlagzeilen (siehe z. B. Euro-Ausgabe 09/2016, S.4: „Warum das Geldhaus sich zur gefährlichsten Bank der Welt entwickelt“). Das – gemessen an der Bilanzsumme von rund 1,7 Billionen Euro und der Mitarbeiterzahl – größte Kreditinstitut Deutschlands dürfte sich tatsächlich in einer der schwersten Krisen ihrer Geschichte befinden. Im Geschäftsjahr 2015 fuhr die Bank zuletzt einen Rekordverlust von 6,77 Milliarden Euro ein. Die Probleme lassen sich auch am Aktienkurs ablesen: Stand dieser im Mai 2007 noch bei knapp 118 Euro, fiel dieser Anfang August auf ein neues Allzeittief von 11,06 Euro, was einem Verlust von über 90 % entspricht.

 

Um sich einmal vor Augen zu führen, welche Bedeutung das Finanzhaus hat und von welchen Dimensionen wir hier sprechen, sollte man sich folgendes verdeutlichen: Das Bilanzvolumen der Deutschen Bank ist fünfmal größer, als das des Deutschen Bundeshaushalts! Die Risiken der Deutschen Bank sind allerdings weniger in deren Bilanz zu finden, vielmehr stecken diese im außerbilanziellen Bereich – vornehmlich im Derivatemarkt. Kaum bekannt ist nämlich, dass die Bank in außerbörslichen Derivaten mit ca. 52 Billionen Euro engagiert ist. Dagegen beläuft sich deren Eigenkapital auf lediglich rund 68 Milliarden Euro. Die Eigenkapitalquote in Relation zum Derivatevolumen beträgt also nur 0,001! Anders ausgedrückt könnte man sagen, dass das Institut mit einem Hebel von 765 auf das Eigenkapital agiert.

 

Die Frage, ob es sich hierbei um ein vertrauensbildendes Finanzgebaren handelt, sollte jeder für sich beantworten. Eine mögliche Zuspitzung deren offensichtlich schwierigen Lage dürfte aber – angesichts der enormen Bedeutung der Deutschen Bank – zu Turbulenzen nicht nur in der gesamten hiesigen Bankenlandschaft, sondern weit darüber hinaus führen. Eine Reihe weiterer „Bail-Ins“ wäre nur eine der damit verbundenen, negativen Folgen. Wenn sogar der Internationale Währungsfonds (IWF) das Finanzhaus, wie Ende Juni 2016 geschehen, als „größtes Systemrisiko für das globale Bankensystem“ bezeichnet, sollte dies Anlass genug sein, vielleicht doch einmal ins Grübeln zu geraten.

 

 

Der Mythos von der gesetzlichen Einlagensicherung

 

Viele Sparer mögen nun folgendes denken: „Wie gut, dass mein Geld zumindest bis zu einer bestimmten Höhe ungefährdet ist“. Theoretisch stimmt dies sogar, wurden doch für den Ernstfall (also die Pleite einer Bank) grundsätzlich entsprechende Sicherungssysteme eingerichtet, wie z. B. die gesetzliche Einlagensicherung bei Banken, welche EU-weit 100 % der Einlagen bis maximal 100.000 Euro pro Person schützen soll. Darüber hinaus existiert in Deutschland mit den verschiedenen Einlagensicherungsfonds der Institutsgruppen eine zusätzliche Absicherung. Problematisch daran ist allerdings, dass die Kunden hierauf keinen Rechtsanspruch haben. Zudem waren diese Einrichtungen nie für Großpleiten konzipiert. Mögen die bestehenden Sicherungssysteme bei einzelnen Unternehmenspleiten noch funktionieren, dürfte dies bei einem möglichen „großflächigen“ Kollaps der Banken- und Versicherungslandschaft kaum noch zu gewährleisten sein.

 

Um etwas konkreter zu werden: Derzeit halten Privatpersonen, Unternehmen und sonstige Institutionen öffentlicher Einrichtungen bei allen Banken in Deutschland rund 3 Billionen Euro an Guthaben. Dieses exorbitant hohe Volumen unterliegt theoretisch dem gesetzlichen Schutz durch Entschädigungseinrichtungen, Sicherungstöpfe und „Feuerwehrfonds“ unterschiedlicher Verbände sowie der Europäischen Einlagensicherung durch die ab dem 01.01.2016 in Kraft getretene EU-Bankenunion.

 

Zu beachten ist jedoch nun einerseits, dass der Einlagenschutz nur gesetzlich geregelt ist. Eine Staatsgarantie ist damit nicht verbunden. Zum anderen steht in den jeweiligen Sicherungsfonds derzeit deutlich weniger als 1 % der Gesamteinlagen für den Notfall zur Verfügung. Der große Rest besteht aus ungedeckten Haftungszusagen! Laut dem renommierten Wirtschaftsjournalisten Markus Miller dürften momentan von 100.000 Euro gesetzlicher Einlagensicherung praktisch gerade einmal ca. 400 Euro tatsächlich vorhanden sein. Mathematisch betrachtet ist die Einlagensicherung somit eine reine Scheinsicherheit. Im Falle einer echten Systemkrise würden auch Kunden mit Guthaben unter 100.000 Euro nur Bruchteile davon wieder sehen. Theorie und Praxis sind eben doch „zwei verschiedene paar Schuhe“.

 

 

Warum Gelder in Sachwerten und Fondsdepots sicherer aufgehoben sind

 

Einiges spricht somit dafür, Bankguthaben aus den genannten Gründen stark zu reduzieren. Natürlich ist ein gewisser Cash-Anteil immer angebracht, weil sich hierdurch der Investor die Option offen hält, flexibel auf unvorhersehbare Entwicklungen reagieren und sich bietende Chancen an den Kapitalmärkten (z. B. nach Kursrückgängen) ergreifen zu können. Hierbei sollte er allerdings sicherheitshalber größere Einlagen auf verschiedene Banken verteilen.

 

Noch besser erscheint es jedoch, künftig Vermögenswerte verstärkt in ausgewählte Sachwerte und Fonds zu veranlagen. Beispielsweise sind Edelmetalle als klassische Sachwerte per se inflationsgeschützt und bergen darüber hinaus kein Bonitätsrisiko in sich. Zweifellos kann aber auch das Finanzinstrument „Investmentfonds“ unabhängig vom jeweils verfolgten Konzept aufgrund seiner Konstruktion mit einer Reihe von Vorzügen aufwarten, die nicht unterschätzt werden sollten! Der wichtigste davon ist, dass diese Sondervermögen darstellen. Dabei werden die Anlegergelder vom Vermögen der Investmentgesellschaft getrennt und sind folglich im Insolvenzfall geschützt. Fondsbesitzer hatten beispielsweise im geschilderten Fall Zypern deutlich bessere Karten und verloren praktisch kein Geld.

 

 

Geografische Vermögensstreuung als Ergänzung

 

Wer als Anleger die Sicherheit noch weiter erhöhen möchte, sollte überdies Teile seines Vermögens geografisch streuen, sprich, in rechtssicheren Staaten außerhalb des Euro- und EU-Raumes verbringen. Dies könnte z. B. mittels Verwahrung von Edelmetallen über namhafte Anbieter in einem Zollfreilager oder der Führung eines Fondsdepots bei einer ausgewählten, ausländischen Bank geschehen. Zu beachten ist, dass an dieser Stelle nur von legalen Konten und Depots die Rede ist.

 

Allen voran sind hierfür primär Nationen geeignet, welche sich über Jahrzehnte (besser über Jahrhunderte) als politisch und wirtschaftlich stabil erwiesen haben und somit eine sehr lange Tradition in der Achtung des Privateigentums ihrer Bürger vorweisen können. Zudem sollten in diesen Ländern Staatsschulden keine bzw. nur eine untergeordnete Bedeutung spielen. All dies ist beispielsweise in der Schweiz der Fall. Nicht ohne Grund liegt dort etwa ein Drittel des Weltfinanzvermögens. Die Schweiz wird seit Langem als liberaler und neutraler Staat geschätzt und gilt gemeinhin als einer der sichersten Kapitalaufbewahrungsorte der Welt. Die Staatsschulden sind deutlich niedriger als der EU-Durchschnitt und der Franken existiert bereits seit dem Jahr 1798.

 

Vermögenswerte in der Schweiz befinden sich in einem neutralen Rechtsraum außerhalb der EU. Somit greift kein EU-Recht, was zu einer deutlichen Reduktion der erwähnten Haftungsrisiken (z. B. SRM) führt. Die Volksabstimmungen (Plebiszit) dürften dafür sorgen, dass dies auch in Zukunft so bleibt. Die Eidgenossen würden ein entsprechendes Gesetz, schon in eigenem Interesse, wohl kaum durchgehen lassen.

 

 

Schlussfolgerungen

 

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Anleger ihr Kapital nicht nur auf verschiedene Banken verteilen, sondern auch in ausgewählte Sachwerte und Investmentfonds diversifizieren und darüber hinaus die geografische Vermögensstreuung nicht vernachlässigen sollten. Auf dieses Weise können bei sinnvollem Vorgehen mögliche Risiken aus dem Einheitlichen Abwicklungsmechanismus für Banken und aus anderen Unwägbarkeiten deutlich reduziert werden. Hierbei ist es ratsam, bei mangelnden eigenen Kenntnissen auf den Rat von Experten zurückzugreifen, die sich seit Jahren auf inflations- und krisengeschützte Investmentformen spezialisiert haben und somit über die notwendige Erfahrung verfügen.

 

„Der einzige Investor, der nicht diversifizieren sollte, ist derjenige, der immer 100 % richtig liegt!“ (John Templeton)

 

  

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